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Über-Sehen

Depressionen machen keinen Bogen um behinderte Menschen

Erbarmungslos haben sich die grünen Schlingpflanzen um ihre Beine gelegt, um sie tiefer in das dunkle Wasser zu ziehen. Den Blick verzweifelt nach oben gerichtet, wo nur einzelne Lichtstrahlen die Wasseroberfläche durchbrechen. Den Mund geöffnet, die Arme nach oben gereckt, als würde sie nach Hilfe rufen. Ihre langen schwarzen Haare und ihr blaues Kleid schweben elegant im Wasser, während sie mit dem Tode ringt.
Illustration von Franziska Appel für das Buch „Seroquälmärchen“ von Jennifer Sonntag

Vollkommen zu Recht wollen wir Menschen mit Behinderungen nicht als dauertraurige Tröpfe wahrgenommen werden. Wenn wir für depressiv oder traumatisiert gehalten werden, nur weil wir eine Behinderung haben, fühlen sich viele von uns falsch verstanden, denn Behinderung ist zunächst kein Grund für Depressionen. Damit steigt der Druck, sich aktiv und engagiert, lebenshungrig und selbstbestimmt zu zeigen. Warum das durchaus auch problematisch sein kann, beschreibe ich im ersten Teil einer Kolumnentrilogie für „Die Neue Norm“.

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Einblicke

Hier dürfen blinde Frauen hauen

Jennifer Sonntag und ihr Trainer stehen einander gegenüber und üben Techniken der Selbstverteidigung.

Wie ich zur Selbstverteidigung kam und welche Erfahrungen ich als sehbehinderte Frau mit Gewalt und Grenzüberschreitung gemacht habe, beschreibe ich in meiner ersten Kolumne für „Die Neue Norm“.

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Einblicke

Gezeichnet vom Lieben

Wir alle sind Kunst, gezeichnet vom Leben. Ich jedoch war schon immer auf die sinnlichste Weise vom Lieben gezeichnet und ich habe die Liebe gezeichnet. Nicht selten verwirrte ich meine sehenden Zeitgenossen mit meinen Wortbildern oder Bildworten, die man einer blinden Frau so fassettenreich nicht zutraute, auch in ihrer Absonderlichkeit oder Erotik.

Wie ich mit meinem sehenden Buch- und Lebenspartner Dirk Rotzsch zur erotischen Zeichnerin wurde? Hier erzähle ich von unserem blinden Verstehen auf dem Papier und von unserer „Liebe mit Laufmaschen“.

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Einblicke

Kein „blinder Fleck“

Sexualität und Behinderung

Auch wir Menschen mit Behinderungen, mit Lebenslaufmaschen, wie ich sie liebevoll nenne, stehen in erotischer Hinsicht nicht im „Dunkeln“. Das sage ich bewusst als blinde Frau. Ich erfahre die Annäherung an die Thematik „Sexualität und Behinderung“ inzwischen als selbstbestimmter und empowernd, da sich viele Betroffene zunehmend zu Wort melden und mit ihren Bedürfnissen zeigen.

In diesem Fachbeitrag in der Zeitschrift für Sexualforschung berichte ich nicht nur aus persönlicher Sicht, sondern auch aus Perspektive der Sozialpädagogin.

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Einblicke

Über diesen Blog

Hier in meinem Schreibstübchen gibt es ausgesuchte Kolumnen, Essays und Fachkommentare aus aktuellen Projekten. Reichhaltigen Lesestoff aus meiner Arbeit als Sozialpädagogin, Buchautorin und Fernsehmoderatorin stelle ich außerdem kostenlos auf meiner Archivseite zur Verfügung.

Ich bündele auf meinem Blog Beiträge, die in stilistisch unterschiedlichen Magazinen erschienen sind. Diese Vielfalt möchte ich gern zeigen. So kann es sein, dass ich je nach Textanliegen und Redaktionswunsch mit meiner Leserschaft mal per Sie und mal per Du bin, mal Fachfrau und mal Freundin, nicht selten auch beides in Personalunion. Ihnen und Euch nun viel Spaß beim Lesen!

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Einblicke

Der Geschmack von Lippenrot

Warum ich mir das Schminken nicht abschminke

Jennifer Sonntag sitzt an einem Tisch auf dem verschiedene Schminkutensilien liegen und schminkt sich die Lippen mit einem pinken Lippenstift. Ihre schwarzen langen Haare werden von einem ebenfalls pinken Haarband gehalten und sie trägt eine dünne pinke Jacke über einem schwarzen Oberteil. Auf dem Tisch steht zudem ihr Buch "Der Geschmack von Lippenrot".
Jennifer Sonntag beim Schminken; Foto: Wolfgang Sonntag

Während sehende Frauen auf ein unüberschaubares Angebot an Beauty- und Schminkratgebern zurückgreifen können, gab es für blinde Geschlechtsgenossinnen in den letzten fast 50 Jahren nur eine mir bekannte, buchgewordene Schminkanleitung, die eine blinde Frau für andere blinde Frauen veröffentlichte. Es handelt sich um „Die Kunst des Schminkens“ von Dorothy Pirozzi, einem erblindeten Model aus Amerika. Da ich nicht weitere 50 Jahre warten wollte, entschloss ich mich, für blinde Schminkfreundinnen das Buch „Der Geschmack von Lippenrot“ zu schreiben.

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Einblicke

So bunt ist die Behinderungsverarbeitung

Wenn wir eine Behinderung „erwerben“, dann kaufen wir uns eines gleich mit ein: Wir müssen sie nebenbei auch noch verarbeiten. Diskriminierung, verhinderte Dazugehörigkeit, etwas nicht erlebt zu haben, das kann uns aber auch bei angeborener Behinderung Bewältigungsprozesse abverlangen. Beratende, ich nehme mich da nicht aus, orientierten sich lange an den alten Modellen zur Behinderungsverarbeitung, die heute in der Kritik stehen. Die einen fühlen sich davon unter Druck gesetzt, weil ihnen ein Bewältigen nach Plan übergeholfen wird. Andere finden darin Hoffnung und Orientierung. Deshalb sind Modelle nie statisch und wir Menschen immer individuell zu betrachten. Die Blinde in mir ist den älteren Modellen durchaus verbunden, die chronisch Erkrankte in mir fühlt sich von den neuen Modellen eher angesprochen. Geht beides oder brauchen wir vielleicht gar keine Modelle? Ein spannender Diskurs in mir, den ich mir auch unter Beratenden wünsche. Da ich aus der Perspektive der Peer Beraterin (Betroffene beraten Betroffene) schreibe, in deren Rolle ich beruflich und ehrenamtlich aktiv war, fließen meine sozialpädagogischen Erkenntnisse und mein Erleben als behinderte Frau gleichermaßen in meine Betrachtungen ein.

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Szene

„Musik und Tod“

Musik und Tod, das waren bereits zwei entscheidende Zutaten in meiner Kinderzimmerdeko. Sid Vicious, fotokopiert aus raren Sex-Pistols-Fanzines, pöbelte von sämtlichen Wänden und meine Barbies wurden als Nancy-Spungen-Doubles in einen lackledernen Junkie-Look gezaust. Meine Schulheftränder waren verziert mit Totenkopflogos von Lieblingsbands. War ich ein Kind von Traurigkeit? Vielleicht war ich es genau deshalb nicht, weil ich als junge Punkerin ein Ventil fand für meine Angst vor Verlust und Vergänglichkeit. Und den größten Trost fand ich in Musik und Subkultur.

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Über-Sehen

Behinderte Menschen: Expert*innen zweiter Klasse?

Wir blicken Jennifer Sonntag über die rechte Schulter. Sie sitzt auf einem roten Ledersessel und hält in ihrer linken Hand zwei weiße Moderationskarten, während Sie mit der rechten Hand über eine der Karten fährt, um diese zu lesen.
Jennifer Sonntag beim Lesen von Moderationskarten; Foto: malsehn.media

Wenn ich als Expertin für Veranstaltungen angefragt werde, sind mir Wertschätzung und Augenhöhe auf beiden Seiten wichtig. So freute ich mich über die Einladung als Podiumsteilnehmerin, bei der Kostenvoranschläge für Honorare eingereicht werden konnten. Erst später erfuhr ich, dass diese Honorare nicht für Expert*innen in eigener Sache gedacht seien. Geht so Inklusion?

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